Öko-chemisches Cannabis-Theater

Mühlhausen: Freilichtspiele etablieren sich erfolgreich am Weidenbrunnen mit „Emmer Zoff mit dem Stoff“
Von Rolf Wenzel

Am Wochenende hob sich zum ersten Mal der imaginäre Vorhang der neuen Spielstätte für die Mühlhäuser Freilichtspiele. Auf dem Gelände des Vereins für Deutsche Schäferhunde war am Samstag Premiere für die Schwäbische Fassung von Bernd Gombolds Schwank „Emmer Zoff mit dem Stoff“. Die Spielschar war wieder herabgestiegen von Kleists klassischen Komödienhöhen des letzten Jahres zu der Ebene des volkstümlichen Mundartlustspiels.Im Mai hatten Siegfried und Luitgard Walz-Probst und ihre Freunde den Vertrag über ihren neuen Standort „Weidenbrunnen 145“ in der Tasche. Dann erst konnten sie loslegen mit dem Zimmern der Bühne, dem Gestalten der Kulissen und der Planung der Technik. Bis zuletzt feilten Christian Brand und Horst Hoffmeister an der Beleuchtung und am Ton, damit die zehn Akteure zur optimalen Wirkung kommen konnten, während sich langsam die Nacht über die erdigen Äcker senkte und der Mond hinter den schwarzen Bäumen aufstieg. Auf der farbenfrohen Bühne ging es passenderweise um konkurrierende Gartenbaumethoden im Kleinkrieg zwischen dem rechtschaffenen Franz Kohlkopf, der sich abrackert mit seinem Gemüseanbau und „natürlich“ dabei die Mittel der Chemie einsetzt, und seiner Nachbarin Maja Müslein, die jedem Pflänzlein persönlich einen Morgengruß entbietet, aber richtig Geld macht mit ihrer pseudochinesischen Massage bei der exaltierten Henneliese von Wolkenstein. Claudia Weidmann spielt die durchgeknallte Adelige mit unerschütterlich lächelnder Behandlungsgier. Zur Erheiterung der Zuschauer prallt Gertrud Frisch als Maja immer wieder wie eine schillernde Yin-Kugel auf das Yang des unbeugsamen Wolfgang Ruff im agrar-ideologischen Wettstreit. Wohltuend normal betreut dagegen Stefanie Vogel als Erika Kohlkopf Mann, Nachbarschaft und Fremdenpension, während Klaus Müslein (Bernd Rebhorn) Hektik am laufenden Band produziert: Er isst, säuft, klaut Cannabispflanzen und torkelt damit in die Arme der Polizei. Selbstverständlich benutzt die opportunistische Frieda Lädele (Maritta Bounin) jede Veränderung, um neu über den einen oder die andere lästern zu können. So bietet Norbert Laubachers Bearbeitung und Regie gefällige Vorurteile für und gegen Öko in witziger Reihung. Auch die Italiener kriegen ihr Fett ab - zum Pizza-Backen. Der „echte“ Marcel Casola mimt den heißblütigen Bäcker und Irene Probst die von dessen Potenz zeitweilig enttäuschte Ehefrau. Das von Franz gezogene Viagra-Kraut soll alles ins Lot bringen. Es ist aber Hanf und bewirkt kleingehackt nur Übelkeit, ist mithin kriminell. Und da kommt Thomas Müller glaubwürdig ins Spiel, als eiskalter Mafioso und unwiderstehlicher Frauenverführer, als Nachtschattengewächs, das im finalen Showdown zur Strecke gebracht wird von dem gemütlichen Teekommissar Gröberle (Ewald Krautter), bevor der Beifall über die nachtfeuchten Felder weht. Weitere Vorstellungen: Fr/Sa 22./23. 7., 29./30. 7., 5/6.8. je 20.30 Uhr, Weidenbrunnenstraße 145.